Salonspeisewagen Sdr R 6ü-40
Wagennummer: 10 245 Bln
Der hier beschriebene Wagen kann auf eine recht interessante Vorgeschichte zurückblicken, denn eigentlich sollte er nie
zum Fahrzeugpark der Reichsregierung zählen, vielmehr war er als ein Geschenk Hitlers an Mussolini gedacht. Und auch wenn
der genaue Zeitpunkt unbekannt ist, so ist er doch später noch in den hiesigen Fahrzeugbestand übernommen worden,
aber dazu mehr im Abschnitt zum Einsatz des 10 245 Bln.
Im Juli 1940 wird von einem Vertreter der Italienischen Staatsbahn die Bitte an die Deutsche Reichsbahn herangetragen, den
Zeichnungssatz für die Salon-Speisewagen 10 243 Bln und 10 244 Bln für einen Nachbau
überlassen zu bekommen, da Mussolini den Wunsch geäußert habe, ebenfalls einen solchen Speisewagen besitzen zu
wollen. Als Hitler hiervon erfährt, ordnet er den Bau eines Speisewagens als Geschenk für Mussolini an und so wird
das RZA Berlin Ende August 1940 vom RVM damit beauftragt, einen neuen Speisewagen "für Sonderzwecke" zu
beschaffen. Als Muster sollte dabei der 10 242 Bln dienen, um aber auch im "Zwischenbereich" eine gute
Ausleuchtung zu erreichen (gemeint ist damit vermutlich der Platz, an dem die beiden Speiseräume aneinandergrenzen), war
die Beleuchtung allerdings so wie im Schwesterwagen 10 244 Bln auszuführen. Es verwundert allerdings ein wenig,
daß man nicht gleich den 10 244 Bln als Muster bestimmte, da dieser ja bis auf einige kleine Details komplett
dem 10 242 Bln entsprach. Mitte September 1940 erfolgte schließlich die Bestellung des Wagens bei der
Waggonfabrik Wegmann & Co. zu Lasten des Fahrzeugprogramms 1940.
Äußerlich unterschied sich der Wagen trotz der "Vorlage" 10 242 Bln in mehreren Punkten von den
zuvor gelieferten Fahrzeugen gleichen Verwendungszwecks, am auffälligsten dürften dabei vor allem die dreiachsigen
Drehgestelle gewesen sein, daneben springen aber auch Sonnenschutzdach, Kuckuckslüfter und die geänderte
Klappenanordnung in der Schürze (in den Skizzen nur bedingt nachvollziehbar) ins Auge. Die dreiachsigen Drehgestelle, im
übrigen in ihrer Bauform identisch mit denen des Badewagens und der beiden Nachrichtenwagen, waren aufgrund der
Ausrüstung des Wagens mit einer Kältemaschine sowie einer elektrischen Küche und dem sich daraus ergebenden
Mehrgewicht notwendig geworden (Eigengewicht: 71,7 t, teilweise werden auch 71,5 t genannt).
Ein Teil des
Mehrgewichts ging freilich auch auf das Konto der Drehgestelle selbst, fielen sie doch deutlich schwerer aus als die
zweiachsigen Versionen. Auf der anderen Seite führte die Verwendung der dreiachsigen Drehgestelle allerdings auch zu einem
verbesserten Laufverhalten, was natürlich bei einem Speisewagen keine ganz unbedeutende Tatsache ist. Ein
bemerkenswertes Detail sind im übrigen die Glaslamellenlüfter der jeweils äußeren Fenster beider
Speiseräume, denn während diese Zusatzlüfter 1937/38 auch bei den Mitropa-Speisewagen noch üblich waren,
besitzen die von der Mitropa ab Ende 1938 beschafften Wagen bereits ein verändertes Belüftungskonzept (von der WUMAG
entwickelt), welches nunmehr ohne die Glaslamellen oberhalb der Fenster auskam.
Beim Grundriß ergaben sich naturgemäß nur marginale Abweichungen zu den vier Sal R 4ü-37, wobei
das vor allem auf die Credé-Bauform zutrifft, von der sich der 10 245 Bln ausschließlich in der Breite
des Luft- und Kabelkanals zwischen großem Speiseraum und Büffet unterscheidet. Und auch beim Mobiliar sind
deutliche Parallelen zu seinen Vorgängern auszumachen, so war es in gleicher Weise möglich, verschiedene
Aufstellungen der Tische und Stühle zu realisieren (siehe Skizze), wobei im Betrieb wohl die Mitropa-Anordnung am
häufigsten anzutreffen war.
Zur Inneneinrichtung ist bislang nur wenig bekannt, eine der in diesem Zusammenhang raren Aussagen stammt aus dem Buch
"Schlaf- und Speisewagen der Eisenbahn" von Walther Brandt, in dem davon gesprochen wird, daß die Sitzpolster
mit rotem Leder bezogen waren. Auch wird an dieser Stelle erwähnt, daß für den bei Mitropa-Anordnung
entstehenden 'Mittelgang' ein Läufer vorhanden war, der über den Teppich gelegt werden konnte. Die Tatsache,
daß einerseits der 10 242 Bln als Vorlage diente und andererseits rote Sitzbezüge vorhanden waren,
sprechen für die Vermutung, daß der spätere 10 245 Bln im Innenraum weitgehend den beiden
Schwesterwagen
10 242 Bln und 10 244 Bln entsprach.
Konstruktion und Bau des Wagens oblagen wie bereits erwähnt der Kasseler Waggonbaufabrik Wegmann & Co., die den Wagen
Mitte Dezember 1940 fertigstellte.
Verwendung und Umbauten bis 1945
Für die Zeit direkt nach Ablieferung des Wagens - seinerzeit übrigens ausschließlich als "Speisewagen
für den Führer" bezeichnet - liegen nur wenige Belege vor, nach verschiedenen Quellen wurde er entweder wie
geplant nach Italien verbracht (dabei wird allerdings für das Abrollen der 22. Juli 1940 genannt, die Rückholung
wäre demnach im September 1941 erfolgt) oder aber er blieb die gesamte Zeit über in Deutschland abgestellt. Einen
verläßlichen Hinweis gibt es erst wieder im April 1941, denn am 29.04.1941 wird vom RVM verfügt, daß der
Wagen nunmehr für den Einsatz in Hitlers Sonderzug hergerichtet werden soll. In diesem Zusammenhang mußten folgende
Arbeiten am Wagen ausgeführt werden: Entfernung aller äußeren (italienischen) Anschriften, Entfernung der an
dem Wagen angebrachten Hoheitszeichen (vermutlich:
Liktorenbündel)
sowie Anbringen der bei den Dienstwagen der Reichsregierung üblichen Anschriften und Hoheitszeichen.
Anschließend sollte der Wagen gegen den Salonspeisewagen in Hitlers Sonderzug "Amerika" ausgetauscht werden,
dies scheint jedoch nicht sofort erfolgt zu sein, da in einer Nachricht vom 21.06.1941 (dem Tag vor dem Überfall auf die
Sowjetunion) noch die Rede davon ist, daß der mittlerweile als 10 245 Bln bezeichnete Wagen im Raw Potsdam
abgestellt ist. Allerdings dürfte die Einstellung in Hitlers Zug kurz darauf erfolgt sein, denn im Oktober gleichen Jahres
befand er sich bereits im erwähnten Zugverband.
Nach dieser Zeit läßt sich eindeutig feststellen, daß der 10 245 Bln zu den Stammwagen des Sonderzugs
Hitlers zählte, so z. B. auch im Juni 1942. Ein nicht ganz unwichtiger Grund dürfte dabei das Vorhandensein
insbesondere des Sonnendachs und der Kältemaschine aber auch der elektrischen Küche gewesen sein. Letztere war jedoch
gegen Ende 1944 zeitweise wegen verschärfter Regeln bei der Nutzung von Treibstoff (für die
Maschinengepäckwagen) außer Betrieb. Bei Kriegsende befand sich der Wagen immer noch im Zug "Amerika" und
wurde bald darauf von der
US Army in Österreich beschlagnahmt. Die Rückgabe an
die Deutsche Bundesbahn erfolgt schließlich am 10.12.1951.
Weiterführende Links
Übersichtsskizze für den Zustand nach Herrichtung für die Reichsregierungszüge
Die Inneneinrichtung der Vorgänger: 10 241 Bln bis 10 244 Bln
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Der Wagen 10 245 bei der Deutschen Bundesbahn
Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk |
Wegmann & Co., Kassel |
Baujahr |
1940 |
Beschafft auf Vertrag |
03.966 / 59.028 |
Eigengewicht |
71,7 t |
Länge über Puffer |
23.500 mm |
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) |
23.200 mm |
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) |
22.200 mm |
Drehzapfenabstand |
16.180 mm |
Größte Breite des Wagenkastens |
2.880 mm |
Wagenhöhe über SO ohne/mit Sonnendach |
3.980/4.045 mm |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante |
1.260 mm |
Drehgestellbauart |
Sonderbauart Görlitz, 3-achsig |
Drehgestellachsstand |
3.600 mm |
Generatorbauart |
Tatzlagergenerator ZOG 181 |
Bremsbauart |
Kksbr, Hnbr (?) |
Heizungsbauart |
Whzde, Ofen |
Beleuchtung |
Elektrisch |
Schlußsignalhalter |
In Dachnischen versetzt |
Dachlüfter |
Kuckuckslüfter |
9 Stück |
Abteile |
Einstiegsräume |
2x |
Ofenraum |
1x |
Speiseraum, klein (Raucher) |
1x |
Speiseraum, groß (Nichtraucher) |
1x |
Büffet |
1x |
Anrichte |
1x |
Küche |
1x |