Salonwagen 10 205
Neubeginn bei der DB
Am 02.07.1949 - die Bundesrepublik Deutschland existierte einen reichlichen Monat - kehrte der 10 205 als einer der ersten
Salonwagen in die Obhut der Deutschen Reichsbahn im vereinigten Wirtschaftsgebiet (aus der am 07.09.1949 die Deutsche Bundesbahn
hervorgehen sollte) zurück. Nach einer Überholung im EAW Frankfurt/ Main stellte man den Wagen ab Oktober 1949 der
Bundesregierung zur Verfügung. Heimatbahnhof war seinerzeit Frankfurt-Süd, so daß er zunächst die Nummer
10 205 Ffm trug.
Diese Stationierung erwies sich aufgrund der Entfernung zwischen Frankfurt/Main und Bonn jedoch alsbald als hinderlich und so
wurde im Januar 1953 das wesentlich günstiger gelegene Köln als neue Heimat für den 10 205 auserkoren -
Unterhaltungswerk blieb das AW Frankfurt/M (wie bei allen Wagen der Bundesregierung). In jener Zeit wurde der 10 205 dann
auch fest dem Bundeskanzler zugeordnet.
Seine Funktion als "Kanzlerwagen" bescherte dem Wagen in den folgenden Jahren eine recht rege Nutzung, sei es auf
Staatsfahrten, Wahlkampfreisen oder auf Urlaubstoren. In einem Wahlkampfsonderzug lief der 10 205 dabei erstmals im
Zeitraum 1. bis 3. August 1953 - zusammen mit einem zweiten Salonwagen, einem Autotransportwagen sowie einem Schlafwagen erster
Klasse. Weitere Fahrten führten den Wagen noch im selben Jahr zur Außenministerkonferenz in Rom und zu
Gesprächen über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft nach Strasbourg (Straßburg).
Im März 1954 rückte der 10 205 erneut für eine Überholung ins AW Frankfurt/M ein. Neben der
Auffrischung der Inneneinrichtung wurden allerdings nur kleinere Änderungen durchgeführt, einige davon betrafen
vermutlich auch das zur Küche umgerüstete Begleiterabteil. Eventuell entfernte man bei gleicher Gelegenheit auch das
Ende 1937 in den zweiten Schlafraum eingebaute Waschbecken wieder, der genaue Zeitpunkt für diesen Umbau ist allerdings
nicht bekannt. Etwa ein Jahr nach dieser Überholung trat der Wagen seine wohl bekannteste Fahrt an: im September 1955
reiste eine bundesdeutsche Delegation unter Konrad Adenauer für Verhandlungen nach Moskau. Während sich der Kanzler
per Flugzeug auf die Reise in die Sowjetunion begab, fuhr ein Teil des Begleitertrosses mit dem aus 14 Wagen bestehen Sonderzug
nach Moskau. Im Zuge dieser Fahrt setzte man in Brest-Litowsk Drehgestelle mit 1524 mm Spurweite unter. Am Ziel angekommen
diente der im Leningrader Bahnhof abgestellte Sonderzug als Botschafts-Ersatz, abhörsicherer Besprechungsort und
Übernachtungsquartier. Der 10 205 stand dabei wie gewöhnlich dem Kanzler zur Verfügung.
Derartig spektakuläre Fahrten blieben dem Wagen nachfolgend verwehrt. Weder beim Deutschland-Besuch der britischen
Königin Elisabeth II. im Mai 1965 (bereits unter der Ägide von Ludwig Erhard), noch beim DDR-Besuch Willy
Brandts im März 1970 kam der 10 205 in den extra hierfür zusammengestellten Sonderzügen zum Einsatz.
Die weitere Nutzung des Wagens im Zeitraum bis 1974 war stark geprägt von den Vorlieben der jeweiligen Kanzler.
Während Ludwig Erhard recht häufig auf Schienen unterwegs war, bevorzugte Kurt Georg Kiesinger vor allem gegen Ende
seiner Kanzlerschaft meist den Hubschrauber oder das Flugzeug und so kam der 10 205 erst unter Willy Brandt wieder
öfter ins Rollen. Der September 1974 bedeutete für den Wagen schließlich eine deutliche Zäsur. Mit dem von
Wegmann gelieferten Salonwagen Sümz 803, 73 80
89-90 001-8 stand ab da ein
neuer Kanzlerwagen zur Verfügung, so daß der 10 205 nunmehr der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn
zugeteilt wurde und daraufhin nur noch vereinzelt für die Bundesregierung zum Einsatz kam. Vielmehr hatte jetzt jeder
Zahlungswillige die Möglichkeit, den 10 205 für eigene Fahrten zu mieten, so war der Wagen ab da häufiger
auf Fahrten für Wirtschaftsvertreter, Privatpersonen oder auch Musiker anzutreffen.
Umbauten ab 1962 und Umzeichnungen
Nicht unerwähnt soll bleiben, daß lange vor der Degradierung zum gewöhnlichen Salonwagen diverse Umbauten das
Erscheinungsbild des Wagens gewandelt hatten. Die erste größere Veränderung brachte das Jahr 1962 mit sich, im
AW Frankfurt/M wurden analog zu den anderen Salonwagen die Wagenenden verschlossen und mit Gummiwülsten sowie
Standard-Zugschlußleuchten versehen.
Es folgten einige kleinere Modifikationen wie etwa die Beistellung zweier neuer Tische im Jahr 1963 oder Änderungen an der
Lüftungs- und Kühlanlage vier Jahre später. Auch wechselte zwischenzeitlich die Bezeichnung des Wagens, so wurde
seine Nummer Ende März 1966 auf 10 305 Köl geändert, bevor ein halbes Jahr später die UIC-
Kennzeichnung zum tragen kam und er von da ab als Salonüge 801.1, 51 80
89-40 305-0
geführt wurde (am Wagen selbst war als Gattung "Salüge 801" angegeben).
Nachdem der Wagenlauf immer wieder Anlaß zur Beanstandung gab, setzte man den Wagen im März 1972 auf Drehgestelle der
Bauart Minden-Deutz 34 mit Magnetschienenbremse, was zudem eine Heraufsetzung der Höchstgeschwindigkeit auf 160 km/h
ermöglichte. Die Wagennummer änderte sich dementsprechend ein weiteres - und letztes - mal:
51 80
89-80 305-1. Die Gattungsbezeichnung sollte dagegen noch zwei
Modifikationen erfahren. Bei der ersten in der Mitte der siebziger Jahre ersetzte man zunächst die alte Gattung durch
WGSüge 801.1 (am Wagen selbst war anfänglich nur Süge 801.1 angeschrieben), bevor im Mai 1986 die
Gattungsnummer um 50 erhöht wurde. Die daraus resultierende Bezeichnung WGSüge 851.1 behielt der Wagen
anschließend bis zu seiner Ausmusterung.
Während Wagennummer, Gattung und Ausstattungsdetails im Lauf der Jahre immer wieder mehr oder weniger starken
Veränderungen unterworfen waren, blieb der Außenanstrich des Wagens weitgehend konstant. So behielt der 10 205
Zeit seines DB-Lebens einen grün lackierten Wagenkasten (anfänglich Flaschengrün RAL 6007, später
vermutlich Chromoxidgrün RAL 6020) mit schwarzen Zierlinien und schwarzem Untergestell (RAL 9005). Für den
Dachanstrich kam zunächst Silbergrau (RAL 9006) zur Anwendung, ehe man Ende der sechziger oder Anfang der siebziger Jahre
zu einem recht dunklen Grau überging (eventuell Umbragrau RAL 7022). Den DB-Keks dürfte der Wagen noch in den
fünfziger Jahren erhalten haben.
Exponat im Haus der Geschichte in Bonn
Bereits Anfang der achtziger Jahre wurden von den Verantwortlichen bei der Deutsche Bundesbahn erste Überlegungen
angestellt, wie mit dem geschichtsträchtigen Wagen weiterverfahren werden soll. Sowohl eine museale Erhaltung als auch ein
(glücklicherweise nicht zustande gekommener) Verkauf ins Ausland standen zur Diskussion. Die Bemühungen um eine der
historischen Bedeutung des Fahrzeugs angemessenen Lösung verstärkten sich ab 1986 und führten letztendlich zur
Übergabe des "10 205" als Dauerleihgabe an das in Entstehung befindliche Haus der Geschichte in Bonn. Und
so wurde der Wagen unter großem Medienecho am 5. Oktober 1990 - fünf Tage nach seiner Ausmusterung - in den Rohbau
des Museums eingelassen. Seit der Eröffnung am 14. Juni 1994 kann der Wagen gegenüber der U-Bahn-Station des Hauses
der Geschichte besichtigt werden. Eine Begehung des Fahrzeugs ist allerdings nicht möglich.
Weiterführende Links
Übersichtsskizzen
Verwendung und Einsatz vor 1945
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Zur Übersicht der heute noch vorhandenen Neubausalonwagen
Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk |
Wegmann & Co., Kassel |
Baujahr |
1937 |
Salonwagen bei DR-West bzw. DB seit |
02.07.1949 |
Ausmusterung |
31.08.1990 |
Bezeichnungen |
bei Übernahme |
Salon 4üe-37/46, 10 205 Ffm |
nach Umbau 1954 |
Salon 4üe-37/46/54, 10 205 Köl |
nach Umbau 1962 |
Salon 4üge-37/62, 10 205 Köl |
nach Umzeichnung 30.03.1966 |
Salon 4üge-37/62, 10 305 Köl |
nach Umzeichnung 30.09.1966 |
Salonüge 801.1, 51 80 89-40 305-0 |
nach Drehgestelltausch im März 1972 |
Salonüge 801.1 (Salüge 801.1), 51 80 89-80 305-1 |
nach Umzeichnung 1974/76 |
Süge 801.1 (WGSüge 801.1), 51 80 89-80 305-1 |
nach Umzeichnung 05.1986 |
WGSüge 851.1 (Süge 851.1), 51 80 89-80 305-1 |
Abteile |
Vorsalon |
1x |
Salon |
1x |
Abteile einbettig |
2x |
Mittelaborte mit gemeins. Badewanne |
2x |
Abteile zweibettig |
2x |
Küche/Wagenbegleiterraum |
1x |
Ofenraum |
1x |
Endabort |
1x |
Einstiegsraum |
1x |