Salonpressewagen Sal Presse 4ü-37
Wagennummer: 10 251 Bln
Mit dem 10 251 Bln entstand im Jahr 1937 ein sehr interessanter Wagen, der auf den ersten Blick wie ein im
Grundriß veränderter 'normaler' Salonwagen jener Zeit erscheint, wären da nicht die beiden Schreibräume
anstelle des Salons und die etwas ungewöhnlich anmutende Anordnung der Abteile. Aber auch die Unterbringung von
Telefonzellen zählt durchaus zu den Besonderheiten des Fahrzeugs, war die Zugtelefonie doch noch gar nicht so alt (ab 1927
baute man versuchsweise Telefonzellen u. a. in einzelne Wagen der Bauarten AB 4ü-23 und AB 4ü-23a ein).
Dabei zeigte sich insgesamt eine klare Gliederung des Fahrzeugs in einen Arbeitsbereich mit Telefonkabinen und
Schreibräumen sowie einen Wohnbereich mit Schlafräumen und Mittelabort, während Begleiterabteil, Ofenraum und
Endabort schon nahezu klassisch am Wagenende Platz fanden. Und obwohl die beiden einbettigen Abteile in ihrer Ausführung
stark an die Pendants in den reinen Salonwagen erinnern, gibt es doch kleinere abweichende Details - wozu neben der Lage
zwischen den zweibettigen Schlafräumen auch die sehr harmonisch eingepaßten Kleiderschränke gehören. Die
zweibettigen Schlafräume für Ordonanz und Schreiber entsprachen hingegen weitgehend dem bekannten Muster,
besaßen jedoch nur ein klappbares Waschbecken.
Aber auch wagenbaulich konnte der 10 251 Bln mit einigen Besonderheiten aufwarten, so erhielt er als einer der ersten
Wagen die noch ziemlich neuen Kuckuckslüfter (1937 sonst nur noch bei den drei Sal Masch Pw 4ük-37 zu
finden). An erster Stelle dürfte jedoch seine mit 24,0 m ungewöhnliche Länge über Puffer zu nennen
sein, die unter den Salon- und Dienstwagen einmalig bleiben sollte.
Die Festlegung des Grundrisses fand dabei in enger Zusammenarbeit mit dem Propagandaministerium statt, das zudem die
Beschaffung eines zweiten Wagens gleicher Bauart forderte, um so beim Ausfall des ersten Wagens (z. B. bei Revisionen) ein
Reservefahrzeug zu besitzen. Die Deutsche Reichsbahn hatte dann auch extreme Mühe, das Propagandaministerium von der
Unwirtschaftlichkeit dieser Idee zu überzeugen. Wenn man bedenkt, daß dieser zweite Wagen aller Wahrscheinlichkeit
nach fast nur abgestellt gewesen wäre und dennoch die ganze Zeit hätte betriebsfähig gehalten werden
müssen, kann man sich gut vorstellen, wie erleichtert die Reichsbahn war, als man sich in diesem Punkt durchsetzen konnte.
Der Auftrag für Konstruktion und Bau des 10 251 Bln ging an die Waggonfabrik Wegmann & Co. aus Kassel. Nach
den vorliegenden Unterlagen zu urteilen, dürfte die Ablieferung des Wagens im Dezember 1937 erfolgt sein.
Verwendung und Umbauten bis 1945
Der Wagen wurde nach seiner Lieferung dem Reichspressechef Dr. Otto Dietrich zur Verfügung gestellt. Allerdings lief der
Wagen nicht im Einzeldienst, wie es teilweise bei anderen Dienstwagen der niederen NS-Prominenz vorkam, vielmehr wurde er in
den Sonderzug Hitlers eingestellt.
Welche Funktion der Wagen dabei genau erfüllte, ist bislang nicht ganz klar, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sollte
er jedoch den Kontakt zwischen Dietrich und der gleichgeschalteten Presse sicherstellen, auch wenn Hitler (und mit ihm
Dietrich) gerade auf Reisen war. Vertreter von Presseorganen dürften nicht oder nur sehr selten (zu besonderen
Anlässen) mit dem Wagen unterwegs gewesen sein. Dietrich bewohnte dabei das erste einbettige Schlafabteil, in dem
offensichtlich auch gearbeitet werden konnte (erkennbar an dem großen Klapptisch, der sich für das Aufstellen einer
Schreibmaschine eignete), was auch für das zweite einbettige Abteil gilt, welches für den Stenographen vorgesehen war.
Der Wagen verblieb bis Kriegsende im Sonderzug Hitlers, einzig ein Einsatz in dessen Vorzug wäre im Prinzip noch denkbar,
dafür existieren aber bislang keine Anhaltspunkte. Im übrigen war der Pressewagen normalerweise an vorletzter Stelle
des Zuges einsortiert (Flakwagen nicht mitgerechnet) und befand sich damit direkt vor dem abschließenden
Maschinengepäckwagen.
Während der Einsatzzeit wurde nach Joachim Deppmeyer nur ein größerer Umbau vorgenommen, bei dem im ersten
Schreibraum ein Kurzwellensender mit einer Leistung von 700 W eingebaut wurde. Die Installation der dafür
benötigten Umformersätze erfolgte in den beiden Telefonzellen. Der genaue Umbauzeitpunkt ist nicht bekannt.
Bei Kriegsende befand sich der Wagen zusammen mit den anderen Fahrzeugen des Zuges "Amerika" in Österreich und
wurde daher ebenfalls von der
US Army beschlagnahmt. Die Rückgabe des Wagens an die
Deutsche Bundesbahn fand schließlich am 21.12.1951 statt.
Weiterführende Links
Die Inneneinrichtung des Wagens (mit weiteren Bildern)
Übersichtsskizzen
Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
Der Wagen 10 251 bei der Deutschen Bundesbahn
Zur Übersicht der heute noch vorhandenen Neubausalonwagen
Quellenangaben
Zurück zur Übersicht der Neubausalonwagen
Technische Daten
Herstellerwerk |
Wegmann & Co., Kassel |
Baujahr |
1937 |
Beschafft auf Vertrag |
03.966 / 59.008 |
Eigengewicht |
62,5 t |
Länge über Puffer |
24.000 mm |
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) |
23.700 mm |
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) |
22.700 mm |
Drehzapfenabstand |
16.670 mm |
Größte Breite des Wagenkastens |
2.865 mm |
Wagenhöhe über Schienenoberkante |
3.980 mm |
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante |
1.260 mm |
Drehgestellbauart |
Görlitz III schwer 4.Federung |
Drehgestellachsstand |
3.600 mm |
Generatorbauart |
Tatzlagergenerator ZOG 180 |
Bremsbauart |
Kksbr, Hnbr |
Heizungsbauart |
Whzde, Ofen |
Beleuchtung |
Elektrisch |
Schlußsignalhalter |
Aufgesetzt |
Dachlüfter |
Kuckuckslüfter |
11 Stück |
Einfache Wendlerlüfter |
1 Stück |
Abteile |
Einstiegsräume |
2x |
Telefonzellen |
2x |
Schreibräume |
2x |
Abteile zweibettig |
3x |
Abteile einbettig |
2x |
Mittelabort |
1x |
Wagenbegleiterraum |
1x |
Ofenraum |
1x |
Endabort |
1x |