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Stand: 18.09.2007
Pixelzeichnung
Salonaussichtswagen Sal As 4ü-39 (ab 1941 Sal As 6ü-39)

Wagennummer: 10 282 Bln
Bild Lieferzustand Sal As 4ü-39
Salon-Aussichtswagen 10 282 Bln (Werkfoto H. Fuchs)
Smlg. Eisenbahnfreunde Heidelberg
Bei dem 1939 fertiggestellten Aussichtswagen dürfte es sich ohne Zweifel um eines der interessantesten Fahrzeuge aus dem Wagenpark der Reichsbahn-Salonwagen handeln. Die ersten Planungen für dieses Fahrzeug reichen in das Jahr 1938 zurück, als man bei der Reichsbahn erste Überlegungen angestellte, wie man sich zu Hitlers 50. Geburtstag (ein Jahr später) am besten in Szene setzen könnte. So entstanden insgesamt zwei Projekte: zum einen ein dreiteiliger Gläserner Zug und zum anderen ein Beraterwagen mit einem 11 m langen Beratungsraum. Anfang August läßt Hitler mitteilen, daß er weder den Beratungswagen noch den Aussichtszug haben will, wohl aber einem Glaswagen, der ggf. am Zugende angehängt werden kann - quasi die Geburtsstunde des 10 282 Bln.
Konstruktion und Bau des Aussichtswagens legte man in die Hände der Heidelberger Waggonfabrik H. Fuchs, die bereits einschlägige Erfahrung mit dem Bau von Aussichtsfahrzeugen besaß (elT 1998, elT 1999 und VT137 240). Die ersten Entwurfszeichnungen wurden im Verlauf des zweiten Halbjahres 1938 vorgelegt, wobei zuerst zu klären war, welche Form der Wagen aufweisen sollte. Die Vorschläge sahen grundsätzlich drei verschiedene Ausführungen vor, die sich vor allem auf die Frage bezogen, wie viele Wagenübergänge vorzusehen waren: einer, zwei oder sogar gar keiner (bei letzterem hätte man den Wagen nur von außen über Mitteleinstiege betreten können). Entschieden hat man sich letztendlich für die erstgenannte Variante. In der Folge war außerdem zu erörtern, ob der Wagen (zusätzlich) Mitteleinstiege erhalten sollte, wie verschiedene Details konstruktiv durchzubilden waren und wie die Inneneinrichtung ausgeführt werden sollte. Zu diesem Zweck stand für Vertreter der am Bau beteiligten Stellen (Waggonfabrik H. Fuchs, Vereinigte Werkstätten, RVM, RZA Berlin) u. a. auch eine Fahrt mit dem Diesel-Aussichtstriebwagen VT137 240 auf dem Programm. Die endgültige Entwurf für den Wagen wurde schließlich am 19.12.1938 aufgestellt und wenig später auch genehmigt.
Abgesehen davon, daß sich der Wagen schon durch seine Außenform von den anderen Salonwagen abhebt, weist er auch technisch und bzgl. der Innenraumgestaltung einige Besonderheiten auf. So war für die Belüftung ein ausgeklügeltes System mit Frischluftkanälen und Luftheizung erdacht worden, das in den Sommermonaten auch eine Kühlung der zugeführten Luft über eine spezielle Kältemaschine ermöglichen sollte. Zur Belüftung konnten allerdings auch die allesamt herablaßbaren Fenster in den Seitenwänden und der Stirnfront herangezogen werden, was sich besonders bei den Fenstern des runden Vorbaus im Aussichtsraum positiv bemerkbar machte, da so (bei Rückwärtsfahrt) keine Zugwirkung entstand. Aber auch bei den Seitenwandfenstern konnte dies mittels Spaltöffnung weitgehend vermieden werden, da hierfür oberhalb der Fenster eine durchgehende Schutzscheibe angebracht war (erkennt man im oberen Bild mit etwas Mühe).
Der Aussichtsraum konnte aber noch mit einer anderen Besonderheit aufwarten, die bereits aus dem Dieseltriebwagen VT137 240 bekannt ist: einem Rollverdeck. Dieses erstreckte sich faktisch über die gesamte Dachfläche des Aussichtsraums, so daß bei schönem Wetter ein nahezu ungehinderter Rundumblick möglich war. Demgegenüber besaß der große Salon eine feste Dachfläche, die optisch noch 'vergrößert' werden konnte, indem man die in der Dachrundung befindlichen Fenster mittels Holzrollos abdeckte, die wiederum zwischen den beiden jeweiligen Scheiben der Voutenfester (innen/außen) Platz fanden. Mit dieser Maßnahme wurde ein optisch weitgehend geschlossen wirkendes Raumbild erreicht, so daß der Große Salon auch bei landschaftlich nicht ganz so reizvoller Umgebung in nahezu idealer Weise als Aufenthaltsraum genutzt werden konnte.
Bei der Innenraumgestaltung fällt als erstes auf, daß aufgrund der nur 150 mm breiten Fensterstiele keine Vorhänge verwendet wurden. Auch wich die Wandvertäfelung im Aussichtsraum deutlich von der der anderen Dienstwagen (bzw. auch der des Großen Salons) ab, aber dazu etwas mehr im entsprechenden Bereich über die Inneneinrichtung. Als weiteres praktisches Detail läßt sich die variable Gestaltung des Großen Salons nennen, bei dem sich das Mobiliar ähnlich wie in den Speisewagen entweder in Form einer langen Tafel oder in mehreren kleinen Sitzgruppen aufstellen ließ.
Die Werkshallen verließ der Wagen im April 1939, geliefert wurde er mit Drehgestellen der Bauart Görlitz III schwer mit 4. Federung.

Verwendung und Umbauten bis 1945
Die ersten Versuchsfahrten mit dem fast fertigen Wagen fanden im Zeitraum 29. März bis 03. April 1939 in Süddeutschland statt. Hierbei ergab sich eine recht umfangreiche Mängelliste mit insgesamt 41 Punkten, die bis zur Lieferung des Wagens nur teilweise beseitigt werden konnten. Am 19. April besichtigte schließlich der Stellvertreter Dorpmüllers, Staatssekretär Kleinmann, den nunmehr abgelieferten 10 282 Bln in Berlin.
Anlässlich des Geburtstages Hitlers fanden dem Vernehmen nach auch einige Demonstrationsfahrten mit Nazi-Prominenz statt. Dies sind gleichzeitig die bislang einzig belegbaren Betriebsfahrten des Aussichtswagens für die Zeit bis Kriegsende! Ob Hitler jemals selbst mit dem eigentlich ja für ihn vorgesehenen Fahrzeug gefahren ist, läßt sich nicht abschließend beurteilen, wenngleich der Wagen mehr als nur einmal von ihm besichtigt worden sein soll.
Für die Zeit bis Juni 1939 liegen keine weiteren Angaben vor, eventuell kehrte der Wagen jedoch vorerst für Nacharbeiten zum Herstellerwerk nach Heidelberg zurück. Die nächste nachweisbare (Versuchs-) Fahrt fand dann Mitte Juni statt, bei der erneut eine ganze Reihe von Mängeln zu Tage traten. Betroffen waren insbesondere Lüftung, Beleuchtung (Deckenstrahler im Aussichtsraum) und Kühlung (Kältemaschinen). Die daraufhin angeordneten Maßnahmen zur Beseitigung der Probleme sollten ursprünglich bis zum 01.08. abgeschlossen sein, verzögerten sich jedoch mindestens bis Mitte August. Danach war für längere Zeit kaum noch an Betriebseinsätze des Aussichtswagens zu denken.
Nach zwei Berichten von April und Juli 1940 über neuerliche Meßfahrten scheinen die Probleme aber ohnehin nicht weniger geworden zu sein, denn wieder gaben Lüftung, Heizung, Kühlung, Beleuchtung und Wagenlauf Anlaß zur Kritik. In diesem Zusammenhang wird auch erstmals das (demnach Ende 1939 oder Anfang 1940) von der Waggonfabrik H. Fuchs nachträglich montierte Sprengwerk erwähnt. Der unbefriedigende Wagenlauf beruhte im übrigen vermutlich auf einer zu geringen Stabilität des Wagenkastens (das Sprengwerk hätte hier eigentlich Abhilfe schaffen müssen) sowie der anscheinend recht ungleich- mäßigen Gewichtsverteilung (bedingt durch Probleme bei der Plazierung der Geräte am Wagenboden).
Anfang Dezember 1940 werden vom RVM schließlich Überholungs- und Änderungsarbeiten angeordnet, um den Wagen - wieder einmal - beim nächsten Geburtstag Hitlers präsentieren zu können, in diesem Zusammenhang wird gegenüber der Reichskanzlei übrigens von einer 1 3/4-jährigen Abstellzeit gesprochen. Neben der Überholung der Inneneinrichtung beim Herstellerwerk in Heidelberg sollten demnach auch die Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen überprüft sowie Rollverdeck und Kältemaschine ausgetauscht werden. Zur Verbesserung des Wagenlaufs wurde bei der WUMAG in Görlitz außerdem ein Satz dreiachsiger Ersatzdrehgestelle mit verkleinerter Mittelachse (850 mm Laufkreisdurchmesser, ohne Spurkranz und Bremse) in Auftrag gegeben. Damit unterschieden sich die neuen Drehgestelle von den dreiachsigen Exemplaren, die zuvor bei einigen der anderen Salonwagen verwendet worden waren, wenngleich die Grundbauart von der Sache her übereinstimmt. Ob der 10 282 Bln wie vorgesehen am 15. April fertiggestellt werden konnte, ist bislang nicht in Erfahrung zu bringen gewesen. Gleiches gilt prinzipiell auch für die geplante Präsentation des Wagens am 20. April.
Nach dieser Zeit blieb der Wagen aller Wahrscheinlichkeit nach abgestellt. Während des Kriegs war nicht an repräsentative Fahrten zu denken und mit seinen 15 Wagen war Hitlers Zug ohnehin schon an seiner Kapazitätsgrenze angelangt, so daß bei einem Einsatz des 10 282 Bln ein anderer Wagen hätte ausgesetzt werden müssen, was angesichts der damaligen Situation nur schwer vorstellbar ist. Im Jahr 1944 gibt es schließlich eine Anfrage, ob man die Batterien des seit längerer Zeit im Raw Potsdam abgestellten Fahrzeugs entnehmen darf, um sie ggf. als Ersatz für die übrigen Salonwagen verwenden zu können. Nach diesem Vermerk dürfte ein Einsatz des Fahrzeugs während der Jahre 1943/44 nahezu auszuschließen sein.
Wo sich der Wagen bei Kriegsende genau befand, ist bislang unklar. Eine Quelle besagt, daß er zu diesem Zeitpunkt in Salzburg abgestellt war, allerdings konnte das bislang nicht bestätigt werden. Bekannt ist, daß der 10 282 Bln kurz nach Kriegsende von der US Army requiriert wurde. Nach recht regem Einsatz inklusive eines Umbaus an der Stirnseite gelangte er schließlich 1955 zu den Österreichischen Bundesbahnen.

Weiterführende Links
 Die Inneneinrichtung des Wagens
 Übersichtsskizzen
 Einsätze bei den Alliierten Streitkräften
 Der Wagen 10 282 bei den Österreichischen Bundesbahnen
 Zur Übersicht der heute noch vorhandenen Neubausalonwagen
 Quellenangaben
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Technische Daten
Herstellerwerk Waggonfabrik H. Fuchs, Heidelberg
Baujahr 1939
Beschafft auf Vertrag 03.966 / 59.020
Entwicklungskostenvertrag ("Entwicklungsfahrzeug") 03.966 / 59.026
Beschaffung dreiachsiger Drehgestelle auf Vertrag 03.966 / 59.029
Eigengewicht 61,3 t
Länge über Puffer 23.500 mm
Länge des Wagenkastens (mit Schürzen) 22.700 mm
Länge des Wagenkastens (ohne Schürzen) 22.200 mm
Drehzapfenabstand 16.180 mm
Größte Breite des Wagenkastens 2.830 mm
Wagenhöhe über Schienenoberkante 3.980 mm
Fußbodenhöhe über Schienenoberkante 1.260 mm
Drehgestellbauart bei Lieferung Görlitz III schwer 4.Federung
Drehgestellbauart nach Umbau 1940 Sonderbauart Görlitz, 3-achsig
Drehgestellachsstand 3.600 mm
Generatorbauart Tatzlagergenerator ZOG 181
Bremsbauart Kksbr, Hnbr
Heizungsbauart Lhzde
Beleuchtung Elektrisch
Schlußsignalhalter In Dachnischen versetzt
Dachlüfter Kuckuckslüfter 5 Stück
Abteile Einstiegs-/Vorraum 1x
Großer Salon 1x
Aussichtsraum (mit Einstieg) 1x
Glaswagen, 10282 Bln, SalAs4ü-39, SalAs 4ü-39, SalonAs4ü-39, SalonAs 4ü-39, Berlin, Salonwagen
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