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Quellenangaben Ι Stand: 07.12.202
Die Sonderzüge im Überblick

Einführung
Für die Deutsche Reichsbahn begann Mitte der dreißiger Jahre - vermutlich mit dem Deutschland-Besuch des italienischen Diktators Mussolini im September 1937 - ein neues Kapitel in Bezug auf die Beförderung von Mitgliedern der Reichsregierung. Erstmals stand nun ein Sonderzug zur Verfügung, der einer Person fest zugeordnet war (Hitler) und dessen Zusammensetzung nur in Ausnahmefällen oder auf besonderen Auftrag verändert werden durfte. Zwar waren derartige Züge für die oberste Staatsführung bereits aus der Kaiserzeit bekannt (Stichwort Hofzug), die damals gewonnenen Erkenntnisse konnten aber nicht ohne weiteres auf die aktuelle Situation übertragen werden.
Aus dem einen (festen) Regierungszug waren ein Jahr später immerhin schon derer drei geworden, wobei der Sonderzug "Heinrich" nach der Einverleibung des Sudetenlandes wohl vorläufig wieder aufgelöst wurde. Der erste Sonderzug für einen Befehlshaber der Wehrmacht (Deckname "Afrika") stand wahrscheinlich ebenfalls im September 1938 zur Verfügung, der erste direkte Nachweis stammt allerdings erst aus dem März 1939 (Annexion der Tschechei).
Nach Kriegsbeginn nahm die Zahl der für die Reichsregierung bzw. für militärische Befehlshaber aufgestellten Sonderzüge stetig zu. Vor allem nach dem Überfall auf die Sowjetunion wurde dies - in Kombination mit den als Einzelläufer verkehrenden Salonwagen - für die Deutsche Reichsbahn mehr und mehr zu einer betrieblichen Belastung. Das Ausmaß läßt sich gut anhand eines Schreibens der Reichsbahn vom 10.12.1941 erahnen: seinerzeit wurden der Reichskanzlei 25 Sonderzüge mit zusammen 331 Wagen gemeldet, bis zum 06.01.1942 kletterte der letztgenannte Wert sogar noch auf 352 (bei weiterhin 25 Zügen), zusätzliche Wagen und Züge waren zudem bereits in Arbeit. In diesen Zahlen sind dabei nur jene Sonderzüge enthalten, die von der Reichsbahn unterhalten worden sind und so fehlt beispielsweise der in den Zuständigkeitsbereich der Ostbahn fallende Zug des Generalgouverneurs Frank.
Mit der untenstehenden Übersicht wurde versucht, die bekannten Sonderzüge in knapper Form wiederzugeben. Die Liste ist keinesfalls als vollständig zu erachten, da beispielsweise verschiedene Wehrmachtsbefehlshaber in den besetzten Gebieten (v. a. Frankreich) eigenmächtig Sonderzüge zusammenstellen ließen, die der Reichsbahn erst durch an sie gerichtete Anträge auf Ausbesserung oder Umbau bekannt geworden sind. Zu guter Letzt finden sich für die Jahre 1943 bis 1945 nur vereinzelt verläßliche Quellen, weswegen u. a. die gegen Kriegsende für einige Reichsbahnstellen bzw. verbundene Unternehmen geschaffenen Sonderzüge nicht behandelt werden können (teilweise auch als Befehlszüge bezeichnet; vorgesehen z. B. für Generalbetriebsleitungen, Reichsbahndirektionen, Reichsverkehrsdirektionen, Mitropa, etc.).

 Erweiterte Übersicht
 Erläuterung der Abkürzungen

Zugname bis 01.43 Zugname ab 02.43 Sonderzug vorgesehen für aufgestellt Bemerkungen
Amerika Brandenburg (I) Hitler 07.1937 bis 09.1939 auch "Einheit III"
- Brandenburg II Hitler n.b. Vorzug zu oben
Grönland Kärnten Pendelzug zu Hitlers Zug 06.1942  
Asien Pommern I Göring (1937/38) bis 09.1939 auch "Einheit I"
Asien, Vorzug Pommern II Göring n.b. teilweise auch "Vor-Asien"
Heinrich Steiermark 7) Reichsführung SS (Himmler) und bis Mitte 1941 auch Auswärtiges Amt 1938 2) bis 1941 "Heinrich, Teil SS" und "Heinrich, Teil AA"
- Skorpion Reichsführung SS 01.1945 auch "Vorzug Steiermark"
Westfalen Westfalen Auswärtiges Amt (Ribbentrop) (1941) vor 5.7.41 "Heinrich, Teil AA"
Gotenland Gotenland Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete 04.1942 aus Sonderzug des GFM Milch hervorgegangen
Generalgouverneur Frank ? Generalgouverneur Frank 1939  
Atlas Franken Wehrmachtsführungsstab (OKW) 11.1939 später "Franken I"
- Franken II Wehrmachtsführungsstab (OKW) n.b.  
Globus ? Oberkommando der Wehrmacht (1941)  
Karpathen 8) Karpathen 8) OKW Stab z. b. V. 1942 später Reichsführung SS
Afrika Braunschweig Oberkommando des Heeres (03.1939) 2) evtl. schon ab Herbst 1938
Europa Württemberg Chef des Generalstabs des Heeres 10.1939  
Gustav Schwaben Zentralabt. d. Generalstabs d. Heeres 9) 1941 teilweise auch "Gustav I"
Australien Ostpreußen Chef des Transportwesens (OKH) (06.1940) 3) evtl. schon früher aufgestellt
Neuseeland Sachsen Chef des Transportwesens (OKH) 12.1941 4)  
Robinson Rheinland I Chef des Generalstabs der Luftwaffe n.b. spätestens 1940 aufgestellt
Robinson, Vorzug Rheinland II Chef des Generalstabs der Luftwaffe n.b. evtl. 05./06.1941 aufgestellt
Atlantik Atlantik Oberkommando der (Kriegs-) Marine 06.1941 später "Auerhahn" (wann?)
Oberbefehlshaber Ost ? Oberbefehlshaber Ost bzw. Militärbefehlshaber in Krakau 10.1939  
? ? Oberbefehlshaber West n.b. spätestens 1941 aufgestellt
Generalfeldmarsch. Milch - Generalfeldmarschall Milch 11.1940 03.1942 aufgelöst 5)
Heeresgruppe B ? Oberbefehlshaber der Heeresgr. B 1)
(ab 06.1941 Heeresgruppe Mitte)
01.1941 eventuell erst ab 03.1941
Heeresgruppe A ? Oberbefehlshaber der Heeresgr. A 1) (1942) unklar, ob fertiggestellt
Heeresgruppe C ? Oberbefehlshaber der Heeresgr. C 1) (1942) unklar, ob fertiggestellt
? Heeresgruppe B Oberbefehlshaber der Heeresgr. B 1) 10) n.b. nicht identisch mit dem o. g. Sonderzug der Heeresgr. B
? Heeresgruppe F Oberbefehlshaber der Heeresgr. F 1) n.b. evtl. identisch mit einem der anderen HGr.-Sonderzüge
? Heeresgruppe Süd Oberbefehlshaber der Heeresgr. Süd 1) n.b. evtl. identisch mit dem zweiten Sonderzug HGr. B
Luftflotte 2 - Oberbefehlshaber der Luftflotte 2 02.1940 08.1940 aufgelöst
Luftflotte 3 / Äquator - Oberbefehlshaber der Luftflotte 3 11.1939 08.1940 aufgelöst 6)
Luftflotte 1 Luftflotte 1 Oberbefehlshaber der Luftflotte 1 05.1941 auch "Luftflotte I"
Luftflotte 2 Luftflotte 2 Oberbefehlshaber der Luftflotte 2 05.1941 auch "Luftflotte II"
Luftflotte 4 Luftflotte 4 Oberbefehlshaber der Luftflotte 4 05.1941 auch "Luftflotte IV"
Enzian ? Chef der Nachrichtenstaffel der Luftwaffe 1941  
Admiral Z bzw. Marie Marie Marinegruppenkommando Süd 03.1941 auch "Admiral Z - Südost"
- ? Jägerstab, ab 08.1944 Rüstungsstab 03.1944  
Einwanderer- Zentralstelle Einwanderer- Zentralstelle Einwanderer-Zentralstelle der SS 04.1941  
Druckereizug der Luftflotte 2 Druckereizug der Luftflotte II Luftflotte 2 01.1940  
Frontdruckereizug I
(Gustloff ?)
Frontdruckereizug I
(Gustloff ?)
(Heeresgruppe Nord ?) 02.1942 eventuell erst ab 06.1942 im Einsatz
Frontdruckereizug II
(Memel ?)
Frontdruckereizug II
(Memel ?)
(Heeresgruppe Mitte ?) 02.1942 eventuell bereits ab 01.1942 im Einsatz
Frontdruckereizug III
(Bad Pyrmont ?)
Frontdruckereizug III
(Bad Pyrmont ?)
(Heeresgruppe Süd ?) 02.1942 eventuell erst ab 05.1942 im Einsatz
Laboratoriumszug ? Sanitätsinspektion des OB des Heeres 1941  
Entseuchungszug Entseuchungszug ? n.b. Abkürzung: Eseu

Anmerkung: Die sieben letztgenannten Züge werden trotz des fehlenden Regierungs- bzw. Befehlszugcharakters mit aufgeführt, da sie in den von der Reichsbahn zusammengestellten Sonderzug-Übersichten ebenfalls enthalten sind.

Erläuterung der Fußnoten
1) Die Bezeichnung der Heeresgruppen änderte sich im Verlauf des Krieges mehrfach, so daß eine Identifizierung der zugehörigen Sonderzüge nur bei Kenntnis des genauen Zeitpunkts - und mitunter auch dann nur schwer - möglich ist, gerade auch weil für diese Züge keine speziellen Decknamen vergeben worden sind. Mit großer Wahrscheinlichkeit gab es weitere derartige Befehlszüge.
Nachweiszeitpunkte der oben aufgeführten Heeresgruppen-Sonderzüge:
Sonderzug für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B / Mitte: März 1941 - April 1942
Sonderzug für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe A: Ende 1941 in Planung
Sonderzug für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe C: Ende 1941 in Planung
Sonderzug für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B: Februar 1943 - Juni 1943
Sonderzug für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe F: Oktober 1943
Sonderzug für den Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Süd: Mai 1943 - Juni 1943
2) Die genannten Sonderzüge wurden vor August 1939 eventuell nur zeitweise vorgehalten (im Herbst 1938 und März 1939).
3) Der früheste bislang bekannte Nachweis für den Sonderzug "Australien" stammt aus dem Juni 1940. Zwar wird dieser Deckname bereits in einer am 28.10.1939 vom Reichsbahn-Zentralamt Berlin angefertigten Niederschrift [14] über die Aufstellung eines für Keitel vorgesehenen "Zusatzzuges für den Sonderzug des Führers" erwähnt, aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich dabei jedoch um den als "Atlas" in Dienst gestellten Sonderzug.
4) Der Zug "Neuseeland" war möglicherweise bereits im November 1941 einsatzbereit, dann allerdings ohne den vorgesehenen Schlafwagen.
5) Der Zug des Generalfeldmarschalls Milch wurde im März 1942 nur pro forma aufgelöst und an den Generalstab der Luftwaffe übergeben [18]. Später bildete er den Grundstock für den Sonderzug "Gotenland" [11].
6) Die Anweisung zur Auflösung des Sonderzugs "Äquator" erging bereits Ende Juli 1940 [13]. Den Unterlagen der Mitropa kann allerdings entnommen werden, daß die Rückgabe der Schlaf- und Speisewagen erst im darauffolgenden Monat stattgefunden hat.
7) Ab Juli 1944 wurden die Fahrpläne für den Sonderzug Steiermark zeitweise unter dem Stichwort "Transport Nr. 44" bzw. "Transport 44" bekanntgegeben. Der Deckname des Zuges blieb jedoch "Steiermark".
8) Die Schreibweise des Decknamens ist nicht ganz klar, in Originalunterlagen werden zwei Varianten verwendet: "Karpathen" und "Karpaten". Beide Schreibweisen sind auch für das namensgebende Mittelgebirge überliefert (alt: Karpathen, neu: Karpaten), so daß keine Version von vornherein auszuschließen ist.
9) Möglicherweise vorgesehen für den Kommandanten des Führerhauptquartiers.
10) Fand auch für die Inspektionsreise Rommels durch Dänemark im Dezember 1943 Verwendung.


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 Quellenangaben
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